E-Mail-Adresse, Telefon- und Telefaxnummer gehören in Widerrufsbelehrung

Rechtsanwältin Anne Schramm, LL.M. (VUW), Dresden  Schramm_Portraet2

Das Urteil vom 06.08.2014 (Az.: I-13 O 102/14) ist das Ergebnis eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem Landgericht (LG) Bochum. Das LG hat entschieden, dass E-Mail-Adresse, Telefon- und Telefaxnummer, soweit sie existieren, in eine vollständige und richtige Widerrufsbelehrung gehören.

Sachverhalt:

Über ihren Onlineshop verkauft die Verfügungsbeklagte Nahrungsergänzungsmittel und benutzte dabei eine Widerrufsbelehrung, die u.a. den folgenden Text enthielt:

„Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns […] GbR, […] Str […], [PLZ] [Ort], Deutschland) mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist.“

Weder E-Mail-Adresse noch Telefon- oder Faxnummer gab die Verfügungsbeklagte an. Nach Abmahnung der Verfügungsklägerin untersagte das LG Bochum der Verfügungsbeklagten Verbraucher geschäftlich handelnd zur Abgabe von Angeboten für Nahrungsergänzungsmittel aufzufordern, wenn nicht klar und verständlich über das Widerrufsrecht informiert wird.

Im Verfahren trug die Verfügungsklägerin vor, die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft, da einem Verbraucher zwar mitgeteilt werde, dass er seinen Widerruf mittels einer eindeutigen Erklärung ausüben könne, aber die Verfügungsbeklagte in der Belehrung keine E-Mail-Adresse, Telefon- bzw. Faxnummer mitteilte. Die in Anlage 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltene Musterwiderrufsbelehrung verlange jedoch die Angabe dieser Kontaktdaten des Verkäufers, soweit verfügbar. Eine Nichtverfügbarkeit liege nur dann vor, wenn keine derartige Adresse bzw. Nummer existiere.

Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, die verwendete Belehrung sei nicht fehlerhaft, da das Muster die Angabe dieser Kontaktdaten nicht zwingend verlange, sondern nur, soweit “verfügbar”. Eine Nichtverfügbarkeit liege auch dann vor, wenn die E-Mail-Adresse, Telefon- bzw. Telefaxnummer vorübergehend nicht verfügbar sei oder nach der Willensentscheidung des Unternehmers für den Widerruf nicht verfügbar sein soll. Die Benutzung des Belehrungsmusters sei nur eine Möglichkeit, die das Gesetz eröffne, jedoch keine Pflicht die Musterwiderrufsbelehrung mit Gestaltungshinweisen nicht geeignet, um jemanden eine Pflicht aufzuerlegen.

Urteil des LG Bochum:

Das LG Bochum sieht den Widerspruch der Verfügungsbeklagten als unbegründet an. Gemäß §§ 8, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 355, 356 BGB könne die Verfügungsklägerin von der Verfügungsbeklagten die Unterlassung der Verwendung der beanstandeten Widerrufsbelehrung verlangen.

Die Widerrufsbelehrung sei unvollständig, da sie keine Telefonnummer, Faxnummer oder E-Mail-Adresse enthalte. Der Widerspruch erfolge nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB gegenüber dem Unternehmer. Seit der Neufassung des Gesetzes könne der Widerruf auch formlos erfolgen, also mündlich per Telefon, Fax oder E-Mail. Der Gesetzgeber habe dem Verbraucher die Ausübung seines Widerrufsrechts erleichtern wollen. Sind also E-Mail-Adresse, Telefon- und Telefaxnummer irgendwo ersichtlich, z.B im Impressum, so seien sie “verfügbar” und gehörten in die Widerrufsbelehrung.

Fazit:

Die Erleichterung des Widerrufs für den Verbraucher sollte ein Kernpunkt der Neufassung des Widerrufsrechts sein. Der Widerruf muss nun nicht mehr schriftlich übermittelt werden, sondern kann auch telefonisch oder per E-Mail erfolgen. Ein Problem hat der Verbraucher jedoch dann, wenn er die E-Mail-Adresse des Unternehmers nicht auffinden kann, um seine Widerrufserklärung per E-Mail zu übermitteln. Nicht jeder Verbraucher weiß, dass sich eine E-Mail-Adresse auch im auf der Unternehmenswebseite befindlichen Impressum befinden muss (vgl. dazu KG Berlin, Urteil vom 07.05.2013, Az.: 5 U 32/12). Folgt man dem Urteil des LG Bochum, ergibt sich eine Pflicht für Unternehmer, solche Kontaktdaten auch in der Widerrufsbelehrung anzugeben. Das Muster und seine Gestaltungshinweise für eine Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzverträgen finden sich in der Anlage 1 zum Artikel 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB. Der maßgebliche Gestaltungshinweis lautet: “[2] Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse ein.” Ausnahmen von dieser Pflicht zur Angabe sämtlicher Kontaktdaten sind jedenfalls bei Onlineshop-Anbietern nicht vorstellbar.

 

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Autor: Anne Schramm, LL.M. (VUW)

Autor: Anne Schramm

Rechtsanwältin
Fachanwältin für IT-Recht
Fachanwältin für Internationales Wirtschaftsrecht

Angestellte Rechtsanwältin bei esb Rechtsanwälte Strewe, Hänsel & Partner mbB


Veröffentlicht am 24.11.2014
unter #Wettbewerbsrecht