Recht auf anwaltliche Vertretung und Recht auf anwaltliche Begleitung bei GmbH-Gesellschafterversammlungen – das Urteil des OLG Dresden vom 25. August 2016

In der gesellschaftsrechtlichen Praxis taucht immer wieder die Frage auf, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen ein GmbH-Gesellschafter sich in der Gesellschafterversammlung vertreten oder sich von einem Beistand beraten bzw. begleiten lassen darf. In einem aktuellen Urteil hat sich das OLG Dresden mit diesen Fragen beschäftigt.

1. Das Teilnahmerecht des Gesellschafters an der GmbH-Gesellschafterversammlung

Das Teilnahmerecht des Gesellschafters an der Gesellschafterversammlung, dem zentralen Willensbildungsorgan in der GmbH, gehört zum Kernbereich seiner Mitgliedschaftsrechte. Es ist Voraussetzung für die Ausübung des in § 47 GmbHG geregelten Stimmrechts, wobei es unerheblich ist, ob der betreffende Gesellschafter in Bezug auf den angekündigten Beschlussgegenstand ein Stimmrecht hat oder ob er von einer Stimmabgabe ausgeschlossen ist. Angesichts der hohen Bedeutung des Teilnahmerechts ist es im Kern grundsätzlich nicht entziehbar.

2. Das Recht auf Vertretung in der GmbH-Gesellschafterversammlung

Grundsätzlich gilt, dass sich – bei fehlenden Regelungen in der Satzung – jeder Anteilsinhaber in der Gesellschafterversammlung, insbesondere bei der Stimmabgabe, durch einen mit Vollmacht ausgestatteten Vertreter vertreten lassen darf. Dies impliziert zwangsläufig ein vom Gesellschafter abgeleitetes Teilnahmerecht des Vertreters an der Gesellschafterversammlung. Die Zulassung eines Vertreters ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände oder eines wichtigen bzw. ihm gleichkommenden sachlichen Grunds beschränkbar. Das kann dann der Fall sein, wenn die Person des Vertreters die Teilnahme für die übrigen Gesellschafter unzumutbar macht. (Noch) höhere Anforderungen an einen Teilnahmeausschluss gelten für Berufsgeheimnisträger, z.B. Rechtsanwälte. So rechtfertigen selbst gravierende Auseinandersetzungen mit dem anwaltlichen Vertreter eines Gesellschafters nicht per se dessen Teilnahmeausschluss. Lässt sich ein Gesellschafter in der Gesellschaftsversammlung vertreten, hat er allerdings in der Regel keinen Anspruch darauf, daneben selbst an der Versammlung teilnehmen zu dürfen.

3. Das Recht auf Begleitung in der GmbH-Gesellschafterversammlung

Das Gesetz selbst sieht kein Recht vor, dass dritte Personen als Berater, Unterstützer oder Zeugen bei der Teilnahme an der Gesellschaftsversammlung hinzugezogen werden dürfen. Eine Teilnahmebefugnis von solchen Begleitern kann somit grundsätzlich nur durch Satzung oder durch einen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung begründet werden. Von diesem Grundsatz gibt es höchstrichterlich anerkannte Ausnahmen, bei denen sich eine Teilnahmebefugnis von Begleitern ausnahmsweise aus den Treuepflichten der übrigen Gesellschafter ergeben kann. Dies ist z.B. dann möglich, wenn schwerwiegende Entscheidungen zu fällen sind und dem Gesellschafter die erforderliche Sachkunde fehlt oder wenn die statusrechtliche Stellung des Gesellschafters durch den angekündigten Beschluss unmittelbar betroffen ist. Die Entscheidung über die Zulassung der Begleitung ist stets eine dem Verhältnismäßigkeitsprinzip unterliegende Einzelfallentscheidung. Für die Beurteilung sind unter anderem die persönlichen Verhältnisse des Gesellschafters, die Struktur der Gesellschaft und der Gesellschafter sowie die Bedeutung des Beschlussgegenstands maßgeblich.

Sollten Sie rechtliche Beratung zum Thema “Anwaltliche Vertretung bzw. Begleitung in gesellschaftsrechtlichen Versammlungen” oder zum Gesellschaftsrecht allgemein wünschen, so helfen wir Ihnen gerne. Ihre Ansprechpartner in unserem Büro Dresden für diesen Bereich sind:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Ansgar Strewe
Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT Recht und Gewerblichen Rechtsschutz Sandro Hänsel
Rechtsanwältin und Fachanwältin für IT-Recht Anne Schramm, LL.M. (VUW )

Veröffentlicht am 10.11.2016
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