Baufinanzierung, Verbraucherdarlehen & Co.: Widerrufsbelehrungen auf dem Prüfstand

RA und Fachanwalt IT-Recht Dr. Jens Bücking, Stuttgart

 

Altverträge, die zu seinerzeit gängigen, inzwischen allerdings überholten Marktkonditionen abgeschlossen worden sind, binden den (Bank-) Kunden über viele Jahre hinweg. Grundsätzlich sind diese Verträge selbstverständlich einzuhalten. Versuche, gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu aktuell deutlich günstigeren marktüblichen Zinskonditionen abzuschließen, werden oft unter Hinweis auf die langfristigen Dispositionen der finanzierenden Geldinstitute zurückgewiesen.

Hier kommt nun durch jüngere Entwicklungen in der Rechtsprechung Bewegung in die bisherige Vertragspraxis der Institute: Nicht selten besteht die Möglichkeit, unter Hinweis auf eine nicht ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung das Widerrufsrecht ins Spiel zu bringen und vor diesem Hintergrund um nochmalige Überprüfung der Möglichkeit einer Anpassung des Vertrages an marktübliche Konditionen zu bitten.

Oft wird seitens der finanzierenden Institute hierauf der Hinweis auf die Musterbelehrung der BGB-Informationsverordnung gegeben. Deren sogenannte „Gesetzlichkeitsfiktion“ setzt allerdings voraus, dass der Verordnungstext sowohl inhaltlich wie auch nach seiner äußeren Gestaltung vollständig übernommen wird. Dies gilt jedenfalls im Grundsatz. Im Einzelnen ist in der Rechtsprechung noch vieles umstritten.

Auf dem Prüfstand stehen Formulierungen wie „die Frist für den Widerruf beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, „der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde (…) zur Verfügung gestellt wurde“ etc. Hier unterscheiden sich die Instanzgerichte in ihrer Bewertung zum Teil diametral. Während beispielsweise das Oberlandesgericht Dresden in der Vergangenheit vom Kunden selbst ausrechenbare Datumsklauseln als wirksam angesehen hat, kommen andere Gerichte – abhängig selbstverständlich vom jeweiligen Einzelfall der konkreten Ausgestaltung – hier durchaus zu anderen Ergebnissen.

Folge einer Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung ist der unbefristete Erhalt des Widerrufsrechts, dies jedenfalls solange der Vertrag noch nicht beiderseits vollständig erfüllt ist. Dies eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit, sich bis dahin jederzeit vom Vertrag zu lösen, gegebenenfalls auch noch viele Jahre nach Abschluss der Finanzierungsverträge. Außerdem können je nach Fallkonstellation auch die seit Vertragsschluss bereits entrichteten Zinsen (teilweise) zurückgefordert werden. Hinzu kommt die Problematik der Bearbeitungsgebühren, die ebenfalls unzulässig sein können.

Eine Überprüfung der Finanzierungsverträge lohnt daher in jedem Falle.