Checkliste Gründung GmbH oder AG

Checkliste Gründung einer Kapitalgesellschaft als GmbH oder AG?

von Ulrich Emmert, Partner der Kanzlei esb Rechtsanwälte, ulrich.emmert@kanzlei.de, 22.06.2012

 

Viele Existenzgründer, die sich mit dem Gedanken tragen, eine GmbH zu gründen, sollten sich auch einmal die Rechtsform der Aktiengesellschaft anschauen und die Vor- und Nachteile beider Gesellschaftsformen vergleichen, bevor sie eine Entscheidung treffen.

 

Aus steuerlicher Sicht kommt es für die Einstufung nach § 267 HGB nicht auf die Rechtsform, sondern ausschließlich auf die Umsatz- und Mitarbeiterzahlen an.

 

Für die Gründung einer GmbH sind 25.000 € Stammkapital, für die Gründung einer AG 50.000 € Grundkapital erforderlich. Ist mehr als ein Gründer beteiligt, genügt für beide Rechtsformen die sofortige EInzahlung von 12.500 €, der Rest ist nach Anforderung der Geschäftsleitung fällig. Die Gesellschafter haften gesamtschuldnerisch für die ausstehenden Einlagen, praktische Auswirkungen hat dies meist nur im Falle der Insolvenz.

 

Die AG benötigt neben dem Vorstand noch einen mindestens 3-köpfigen Aufsichtsrat, der mindestens 4 mal (bei entsprechender Satzungsregelung einer kleinen AG reicht 2 mal) im Jahr zusammentritt und den Vorstand zu  kontrollieren hat. Der Aufsichtsrat ernennt auch den Vorstand und vertritt die Gesellschaft gegenüber diesem, z.B. beim Abschluss des Vorstandsvertrages.

 

Die Gründung der AG verursacht etwa doppelt so viele Kosten wie die einer GmbH, da hier durch zusätzliche Organe und kompliziertere Gründungsvorschriften ein erhöhter Aufwand notwendig ist.

 

Dagegen kann es im laufenden Betrieb ganz anders aussehen.

 

Gegenüber der GmbH entstehen für den Aufsichtsrat Mehrkosten für die Spesen der Aufsichtsräte, ggf. bei einer entsprechenden Vereinbarung ein Sitzungsgeld sowie bei einem Wechsel der Aufsichtsräte durch die Veröffentlichungspflicht im Handelsregister. Im günstigsten Fall betragen die Mehrkosten pro Jahr also den Gegenwert von mehreren Kannen Kaffee und einigen belegten Brötchen.

 

Bei einem Wechsel der Gesellschafter ist die Aktiengesellschaft sogar günstiger, da hier der bei der GmbH notwendige Gang zum Notar zur Übertragung der Anteile entfällt.

 

Bei einem erwarteten Wachstum der Gesellschaft hat ein Gründer einer AG wesentlich mehr Finanzierungsinstrumente zur Verfügung. Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind meistens zum großen Teil fremdfinanziert und daher häufig sehr stark von der jeweils finanzierenden Bank abhängig. Bei der Aktiengesellschaft gibt es folgende Möglichkeiten der Finanzierung durch Eigenkapital:

 

  • Ausgabe von Aktien, deren Übertragung formfrei möglich ist
  • Ausgabe von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, d.h. Abgabe von bis zu 74,9% der Kapitalanteile ohne Verlust der Stimmrechtsmehrheit gegenüber nur 49,9 % bei der GmbH
  • Ausgabe von Optionen auf Erwerb von Aktien zum späteren ggf. verbilligten Erwerb von Aktien
  • Ausgabe von Genussscheinen zur Beteiligung am Gewinn ohne Kapitalbeteiligung
  • Ausgabe von partiarischen Darlehen
  • Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen oder Wandelobligationen zum Tausch gegen Aktien nach Wahl des Anteilsinhabers bzw. der Gesellschaft

 

Diese Finanzierungsinstrumente eignen sich auch hervorragend zur Beteiligung von verdienten Mitarbeitern, um diese langfristig an die Firma zu binden.

 

Ein weiterer Vorteil der Aktiengesellschaft ist, dass bei Ausscheiden eines Gesellschafters nicht wie bei der GmbH durch die Notwendigkeit einer Abfindungszahlung die Liquidität der Firma in akuter Gefahr ist. Gerade bei Dienstleistungsunternehmen, die wenig Substanzwert und einen hohen Wert der Kundenbeziehungen aufweisen, ist es häufig kaum möglich, den Verkehrswert oder je nach Satzung den dort bestimmten Buchwert an den ausscheidenden Gesellschafter zu bezahlen, ohne die Firma ernsthaft in Schwierigkeiten zu bringen. Bei der AG ist es Aufgabe des ausscheidenden Gesellschafters, einen Käufer für seine Anteile zu finden, es besteht hier keine Pflicht der verbleibenden Gesellschafter zur Übernahme der Aktien.