Was ändert sich bei der elektronischen Rechnung durch das BMF-Schreiben zum Steuervereinfachungsgesetz und die Änderung der GdPdU?

Dr. Jens Bücking/ Dr. Dietmar Weiß/Ulrich Emmert, Stuttgart

Elektronische Rechnungen – Was ist neu seit dem 2. Juli 2012?

Im letzten Beitrag des Competence Center Steuern und Recht (CCSR) wurde an dieser Stelle berichtet, dass es einfacher werde, Rechnungen elektronisch zu übermitteln. Der Grund: Es ist weder eine qualifizierte elektronische Signatur noch das EDI-Verfahren zwingend erforderlich, selbst der Versand als schlichte Mail sollte zulässig sein, sofern bestimmte Kontrollmechanismen eingehalten werden. So ist insbesondere gefordert, dass sich der Rechnungsempfänger über die Identität des Rechnungsausstellers (Authentizität) im Klaren ist und sicher gestellt wird, dass die nach dem Umsatzsteuergesetz erforderlichen Pflichtangaben (vgl. § 14 Abs. 4 UStG) auf dem Weg zum Empfänger nicht geändert wurden (Integrität). Neben den weiterhin gültigen Verfahren „Signatur“ und „EDI“ kann dies nach der Neuerung durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 fortan durch sogenannte „innerbetriebliche Kontrollverfahren“ gewährleistet werden, die einen „verlässlichen Prüfpfad“ zwischen der Rechnung und der Lieferung/Leistung herstellen. Hinter diesen Begriffen verbirgt sich im Grunde eine klassische Rechnungseingangsprüfung, die in jedem Unternehmen ohnehin praktiziert werden sollte.

Zum 2. Juli 2012 gibt es nun ein BMF-Schreiben “Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung zum 1. Juli 2011 durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011“, welches konkrete praxisbezogene Hinweise gibt und auch Missverständlichkeiten durch vergangene Schreiben klarstellt bzw. korrigiert. Die wesentliche Aussage lautet seit 2011 also:

Papier- und elektronische Rechnungen sind seit dem 1. Juli 2011 umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln

Dabei ist es egal, ob eine Rechnung per Mail (ggf. mit Bilddatei- oder Textdokumentanhang) übermittelt wird oder als Fax oder per Papier zugeht. Bei der Faxübertragung ist es auch egal, ob Computerfaxe bei der Übertragung involviert sind oder herkömmliche Faxgeräte verwendet werden. Bei Faxgeräten generell gilt eine Rechnung als „Papierrechnung“, was mit dem aktuellen Schreiben von 2012 aufgrund der Gleichstellung von elektronischen und Papierrechnungen ein nahezu überflüssiger Begriff ist. Diese Klarstellung vergangener Diskussionen und Auffassungen ist sehr sinnvoll.

Ebenso klar gestellt bzw. korrigiert wurde die Sichtweise beim Vorliegen mehrerer identischer Rechnungen: In diesem Fall wurde die Umsatzsteuer vom Unternehmer für jede Rechnung geschuldet, dies gilt nun aber nicht, wenn inhaltlich identische Mehrstücke derselben Rechnung vorliegen oder versandt wurden (z. B. per Fax und per Mail oder per Post und per Mail).

Weitere Inhalte des BMF-Schreibens sind klar und präzise formuliert:

1. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass eine (nach §§ 14, 14a UStG) korrekt ausgestellte Rechnung vorliegt. Werden Aufbewahrungsfristen verletzt ist dies eine Ordnungswidrigkeit im Sinne § 26a Abs 1 Nr 2 UStG; der Anspruch auf Vorsteuerabzug nach Umsatzsteuergesetz bleibt davon unberührt.

2. Der Prüfprozess für eine Eingangsrechnung ist nicht ausschlaggebend für den Vorsteuerabzug. Es sind auch keine besonderen Verfahren vorgeschrieben. Für kleine bis große Unternehmen sind somit alle Verfahren der Rechnungsprüfung und interne Kontrollverfahren erlaubt. Eine zeitweise auf EU-Ebene diskutierte Form eines „Audit Trails“ ist erfreulicherweise nicht notwendig.

Das innerbetriebliche Kontrollverfahren dient lt. BMF-Schreiben also dazu, lediglich die korrekte Übermittlung der Rechnung sicherzustellen. Praktischerweise ist diese Prüfung mit anderen Prüfungen wie der Formalprüfung von Rechnungen vermischt, so dass davon ausgegangen wird, dass alles das geprüft wird, was ohnehin bereits üblich ist:

 Ist die in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich in Qualität und Quantität erbracht worden?
 Entsprechen Rechnungsmenge und –preis der Bestellung und den Lieferscheinen?
 Stimmen die Zahlungsangaben (Konditionen, Bankverbindung etc.)
 Etc.

Für den Vorsteuerabzug bleibt aber der Unternehmer beweispflichtig, d.h. er muss die Berechtigung des Vorsteuerabzugs nachweisen. Eine Verletzung der Vorschriften der GOBS und der GdPdU oder auch der internen Prüfung sind so lange unschädlich, so lange er trotzdem nach allgemeinem Beweisrecht den Nachweis der Authenzität und Unversehrtheit erbringen kann.

Dies wird jedoch schwierig, so lange keine besonderen Maßnahmen zur Sicherheit der gespeicherten Daten auf Seiten des Empfängers ergriffen werden. Dazu kann der Empfänger zum Beispiel sich eines Archivierungssystems bedienen, das eine Änderung der gespeicherten Daten vor Ablauf des Aufbewahrungszeitraums zuverlässig verhindert.

Bei Verwendung qualifizierter elektronischer Signaturen ist dieser Nachweis für den Empfänger ohne weiteren Aufwand zu führen. Durch die Änderung der GdPdU im November 2012 ist der gesamte Prüfungsaufwand für den Empfang von qualifiziert signierten Dokumenten entfallen.

Für die Praxis kann daher bei Verwendung der qualifizierten Signatur die Einführung des digitalen Rechnungsversandes vereinfacht werden, da wegen des fehlenden Aufwandes auf Kundenseite kaum ein Widerspruch gegen den elektronischen Rechnungsversand zu erwarten ist, wenn keinerlei Aufwand bei der Sicherung des Beweises für den Vorsteuerabzug auf Kundenseite mehr nötig ist.

Obwohl mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 gerade die Notwendigkeit der qualifizierten elektronischen Signatur abgeschafft werden sollte, ermöglicht gerade der damit verbundene Wegfall der Prüfungspflicht auf Empfängerseite erstmals den sinnvollen und praktikablen Einsatz der qualifizierten Signatur beim Rechnungsversand.

Kurzum:
Das BMF-Schreiben sichert den Stand seit Juli 2011 und stellt einiges klar und bestätigt oder erleichtert die betriebliche Praxis der Rechnungsprüfung.
Praktisch bedeutet dies ebenso, dass es für das Umsatzsteuerrecht keinen Unterschied mehr macht, wie und in welcher Form der Rechnungseingang erfolgt; das Medium ist unbeachtlich, da es allein auf die Inhalte der Rechnung, auf deren umfassende Prüfung und die daraus resultierende Akzeptanz durch den Leistungsempfänger ankommt. Es ist jedoch auf die nach wie vor bestehenden Nachweispflichten zum Vorsteuerabzug zu achten.