II. Domains und Mailadressen als schutzfähige Kennzeichen
Domains und Mailadressen als schutzfähige Kennzeichen
Von RA und FA IT-Recht Dr. Jens Bücking, Stuttgart
Umstritten war lange Zeit, ob Kennzeichenrechte an der Internetdomain selbst möglich sind. Spätestens seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in Sachen „ad-acta“ ist dies im Grundsatz zu bejahen.
Wenn ein Schutzrechtserwerb durch Nutzungsaufnahme sonach grundsätzlich möglich ist, stellt sich im Weiteren die Frage nach Art und Umfang einer solchen rechtsbegründenden Domainnutzung. Insoweit hat zu gelten, dass bei originärer Unterscheidungskraft der zulässig gewählten Domain und deren kennzeichnender Verwendung eigener Namensschutz (§ 12 BGB) schon mit erstmaliger, ernsthafter und auf Dauer angelegter Inbenutzungnahme – und zwar grundsätzlich unabhängig von deren quantitativem Umfang – entstehen kann. Erfolgt diese Benutzung im geschäftlichen Verkehr, kann die Domainbezeichnung ferner über § 5 Abs. 2 MarkenG Schutz als Unternehmenskennzeichen bzw. als besondere Geschäftsbezeichnung beanspruchen.
Grundsätzlich kann also durch die Benutzung eines Domainnamens ein entsprechendes Unternehmenskennzeichen erworben werden. Eine solche Annahme liegt mit dem Bundesgerichtshof dann nahe, wenn der Verkehr in der als Domainnamen gewählten Bezeichnung einen Herkunftshinweis erkennt.
Nach einer in Teilen der Rechtsprechung vertretenen Ansicht kennzeichnet sogar die Angabe nach dem @-Zeichen in einer E-Mail-Adresse häufig den Mail-Provider und hat in diesem Fall auch markenrechtlich herkunftshinweisende Funktion.
Wird der Domainname, der an sich geeignet ist, auf die betriebliche Herkunft und die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens hinzuweisen, jedoch ausschließlich als Adressbezeichnung verwendet, wird der Verkehr annehmen, es handele sich dabei um eine Angabe, die ähnlich wie eine Telefonnummer den Zugang zu dem Adressaten eröffnen, ihn aber nicht in seiner geschäftlichen Tätigkeit namentlich bezeichnen soll. Davon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn die Domain aufgrund ihrer konkreten Verwendung und ihres Inhalts lediglich in Form einer Weiterleitungs- bzw. Nachsendeadresse verwendet wird.
Eine in hinreichend unterscheidungskräftiger Form gewählte Domain, die von den angesprochenen Verkehrskreisen als kennzeichnender Hinweis auf online abrufbare Informationen einer Person, eines Unternehmens, als besondere Geschäftsbezeichnung oder als der Titel einer online verfügbaren Informationssammlung verstanden wird, ist mithin geeignet, Rechte im Sinne des § 5 MarkenG entstehen zu lassen, und zwar grundsätzlich unabhängig vom quantitativen Umfang der Domainbenutzung. Unterscheidungskraft vorausgesetzt, kann die Domainadresse daher durchaus auch „Werktitelschutz“ (§ 5 Abs. 3 MarkenG), etwa als Online-Magazin oder als sonstiger virtueller Mediendienst, erlangen.
Umstritten ist der Zeitpunkt der Begründung des Werktitelschutzes im Internet. In der herkömmlichen kennzeichenrechtlichen Praxis wird hier regelmäßig eine Vorverlagerung durch Nachweis konkreter Vorbereitungshandlungen und Ankündigung des zur Erscheinung vorgesehenen Werkes angestrebt. Die Vorverlagerung des Schutzes geschieht außerhalb des Online-Bereichs zumeist durch die so genannte Titelschutzanzeige. Welche Handlungen in Bezug auf den vorverlagerten Schutz einer Domain durch entsprechende Vorbereitungshandlungen erforderlich sind, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt, jedoch ist nach der vorherrschenden Rechtsprechung davon auszugehen, dass die bloße Ankündigung der beabsichtigten Nutzung eines Titels im Internet hierfür nicht ausreicht. Werktitelschutz im Internet soll hiernach erst mit der Erstellung des fertigen Produkts einsetzen.