XIX. Unlautere Irreführung durch die Wahl eines Domainnamens
RA/Fachanwalt IT-Recht Dr. Jens Bücking, Stuttgart
Mitunter werden Unterlassungsansprüche wegen der einem – insbesondere generischen – Domainnamen immanenten Irreführungsgefahr zuerkannt. Der durch eine Domain suggerierte Informationsgehalt der hierdurch adressierten Website kann geeignet sein, beim Publikum bestimmte Vorstellungen über den Informationsgehalt einer Website oder die Qualifikation bzw. sonstige Eigenschaften über den Betreiber der Website oder den Inhaber der Domain hervorzurufen (z.B. „steuererklaerung.de“).
Die konkrete Irreführung kann sich insbesondere aus dem Zusammenspiel zwischen der durch die Domain suggerierten Information und den sodann tatsächlich abrufbaren Inhalten ergeben. Losgelöst von einer Prüfung der konkreten durch die Domain adressierten Website lässt sich sonach eine Irreführung nicht ohne Weiteres bejahen, es sei denn es handele sich nach objektivem Begriffsverständnis um eine Alleinstellungs- oder Spitzenstellungsdomain.
Erforderlich ist jedoch stets eine konkrete Tatsachenbehauptung, die der Domain objektiv zu entnehmen ist. Daran fehlt es beispielsweise bei dem Domainnamen „gigarecht.de“ für einen rechtsanwaltlichen Beratungsdienst. Andererseits wurde der Begriff „Hauptbahnhof“ als irreführende Sachangabe hinsichtlich der Person des Domaininhabers angesehen. Ohne solchen konkreten Bedeutungsgehalt sind jedoch Wortspiele wie „recht-freundlich.de“ für eine Rechtsanwaltskanzlei nicht per se geeignet, zu einer relevanten Irreführung des Verkehrs zu führen.
Die Beurteilung der Irreführungsgefahr hängt dabei stets von der objektiven Verkehrsauffassung, also von dem Verständnis der beteiligten Verkehrskreise ab. Mit dem EuGH ist hier das Leitbild des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers zugrunde zu legen, der das fragliche Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt.
Die Gefahr einer durch eine bestimmte Internetdomain hervorgerufenen Irreführung kann freilich – wie an anderer Stelle aufgezeigt – gegebenenfalls noch durch einen aufklärenden Hinweis auf der ersten aufgerufenen Internetseite ausgeräumt werden. Maßgeblich ist daher, ob der Hinweis sofort und für jedermann klar erkennbar auf der Internetseite angezeigt wird. Verstecktes Kleingedrucktes am Ende der Startseite oder gar nach Betätigung eines Hyperlinks wird demgegenüber regelmäßig nicht ausreichen. Anders mag es im Bereich des Namensrechts liegen, wo der Bundesgerichtshof – anders als Teile der Instanzrechtsprechung – davon auszugehen scheint, dass eine namensrechtliche Zuordnungsverwirrung auch dann vorliegt, wenn der Internetnutzer beim Betrachten der Internetseite alsbald feststelle, dass er nicht auf der Internetseite des gesuchten Namensträgers gelandet ist.