XVI. Verwechslungsgefahr: Relevanz der unter der Domain abrufbaren Webseiteninhalte?

RA/Fachanwalt IT-Recht Dr. Jens Bücking, Stuttgart

Markenrechtliche Untersagungsansprüche knüpfen – neben der zuvor erörterten (grammatikalischen oder phonetischen) Verwechslungsfähigkeit – an das Bestehen einer sachlichen Verwechslungsgefahr (Waren-/Dienstleistungs- oder Branchenidentität) zwischen den in Konflikt geratenen Kennzeichen an.

Für deren Beurteilung ist neben der Branchennähe der Parteien regelmäßig auch der aktuelle oder geplante Inhalt der Website zu berücksichtigen, so zumindest die wohl vorherrschende Meinung. Auf dieser Ebene wäre mithin die Ausräumung einer etwaigen Verwechslungsgefahr noch möglich. Für den verständigen, objektiven Nutzer muss dann allerdings anhand der näheren Ausgestaltung und Inhaltsgebung ohne Weiteres erkennbar sein, dass es sich bei den dargestellten Homepage-Inhalten nicht um solche des von ihm gesuchten Namensträgers bzw. um die gesuchte Marke handelt.

Nach Ansicht des Landgerichts Düsseldorf soll das Inhaltskriterium indessen nicht maßgebend sein: Vergleichbar zwei unter identischem Titel angebotenen Zeitschriften, für die ebenfalls eine Ähnlichkeit anhand ihres Inhalts nicht konstatiert werden müsse, gelte für die Homepage, dass nicht der Inhalt, sondern das Produkt „Homepage“ als solches (also schon das virtuelle Titelblatt) die Ware oder Dienstleistung im Sinne des Markengesetzes sei, mit der Verwechslungsgefahr bestehen müsse. Auf den konkreten Informationsgehalt der jeweiligen Website käme es dann nicht mehr an. Ähnlich sieht es das Hanseatische OLG Hamburg: Die markenrechtliche Verwechslungsgefahr werde regelmäßig nicht durch den Inhalt der Internetseite beseitigt, deren Domainname mit der Klagemarke zeichenähnlich ist. Denn die Verwechslungsgefahr habe sich bereits bei Eingabe der Domain konkretisiert. Selbst wenn die Startseite durch ihren Inhalt dem Nutzer ermögliche, seine Fehlvorstellung zu erkennen, sei die Verwechslungsgefahr in jedem Fall bereits relevant geworden.

Die besseren Argumente sprechen unseres Erachtens für die herrschende Meinung, die auch auf die höchstrichterliche Rechtsprechung in Österreich und in der Schweiz verweisen kann:

Dazu führt der Oberste Gerichtshof Österreichs aus: „Für die Maßgeblichkeit des Inhalts der Homepage spricht, dass durch die bloße Registrierung einer Internet Domain nur dann in Markenrechte eingegriffen werden könnte, wenn das Zeichen mit der Registrierung im Sinne des § 10a MSchG benutzt würde. Nach dieser Bestimmung liegt eine dem Markeninhaber vorbehaltene Benutzung eines Zeichens zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung (unter anderem) dann vor, wenn unter dem Zeichen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden oder wenn das Zeichen in den Geschäftspapieren, in Ankündigungen oder in der Werbung benutzt wird (§ 10a Z 2 und 4 MSchG). Die bloße Registrierung einer Domain ist regelmäßig keine Benutzung eines Zeichens in diesem Sinne.“

Auch das Oberste Bundesgericht der Schweiz teilt diese Ansicht: „Bei der Bestimmung der Markenrechtsverletzung sind die Tatbestandsmerkmale der Verwechselbarkeit zweier Domainnamen und der Gleichheit oder Gleichartigkeit zweier Marken zu unterscheiden. Bei der Bestimmung der Gleichheit oder Gleichartigkeit ist (auch) auf den Inhalt der jeweiligen Webseiten und die darauf angebotenen Dienstleistungen abzustellen.“

Es kommt also im Ausgangspunkt der Verwechselungsprüfung auf folgende Frage an: Sind die unter der Domain beworbenen Waren oder Dienstleistungen den durch den Markenschutz des Anspruchstellers erfassten ähnlich, beziehungsweise sind Domaininhaber und der Anspruchsteller in verwandten Branchen tätig?