XXVIII. Anwendbares Recht
RA und Fachanwalt für IT-Recht Dr. Jens Bücking, Stuttgart
Nach dem zuvor erörterten „Wirkungsort“ bestimmt sich im Übrigen auch das anzuwendende nationale Recht. Im Online-Bereich ist dementsprechend das Recht des Landes maßgebend, in dem eine E-Mail empfangen oder von dem aus eine Homepage bestimmungsgemäß abgerufen werden kann und soll. Begrenzungsklauseln (Disclaimer) und eine entsprechende Gestaltung der Angebote auf der Website können die Annahme einer solchen Zielrichtung für das Inland von vornherein ausschließen. Aufgrund des erforderlichen finalen Charakters der Einwirkung dürften sonach etwa Angebote, die von vornherein nur auf einen ausländischen Markt zugeschnitten sind (objektive Kriterien etwa Sprache, Währung, Lieferbedingungen), für eine kennzeichen- und wettbewerbsrechtliche Prüfung nach deutschen Maßstäben ausscheiden.
Im Immaterialgüterrecht (MarkenG etc.) gilt das so genannte „Territorialitätsprinzip“. Der Schutz inländischer Kennzeichen ist mithin nach deutschem Recht zu behandeln. Aufgrund des Territorialitätsprinzips ist der Schutzbereich einer inländischen Marke oder eines inländischen Unternehmenskennzeichens auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Ein Unterlassungsanspruch setzt deshalb eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland voraus. Diese ist regelmäßig gegeben, wenn im Inland unter dem Zeichen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden. Eine inländische Kennzeichenbenutzung kann dabei allerdings wie gesehen nicht schon allein deshalb bejaht werden, weil Internetseiten von jedem Ort der Welt abrufbar sind. Es ist erforderlich, dass das kennzeichenverletzende Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug („commercial effect“) aufweist.
Es gilt danach also grundsätzlich das Wettbewerbs- und Kennzeichenrecht des Staates, für den das Angebot vorgesehen ist. Wer sich für seine Werbung des Internets bedient, muss diese also an deutschem Recht messen lassen, sofern nur der Ort der wettbewerbsrechtlichen Interessenkollision im Inland liegt und (auch) dort die Homepage des Anbieters bestimmungsgemäß abgerufen werden kann. Die bloße technische Möglichkeit der Abrufbarkeit genügt daher nicht, wohl aber das Angebot, Bestellungen über die fragliche Homepage abgeben zu können.
Domains, die Online-Inhalte adressieren, welche für den Abruf (auch) in Deutschland bestimmt sind, führen daher bei einer Berufung auf Ansprüche aus dem MarkenG regelmäßig zur Zuständigkeit jedes dem Kläger genehmen deutschen Gerichts (zumeist der Spezialkammer für Kennzeichensachen eines Landgerichts) und zur Anwendbarkeit deutschen Rechts. UWG-Ansprüche setzen jedoch eine inländische Interessenkollision voraus.