X. Benutzungszwang – rechtserhaltende Benutzung einer Marke durch Domaingebrauch?

Von RA und Fachanwalt IT-Recht Dr. Jens Bücking, Stuttgart
Der Inhaber einer eingetragenen Marke kann gegen Dritte Unterlassungsansprüche aus dem MarkenG nicht geltend machen, wenn die Marke innerhalb der letzten 5 Jahre vor der Geltendmachung des Anspruchs für diejenigen Waren- oder Dienstleistungen, auf die er sich zur Begründung seines Anspruchs beruft, nicht benutzt worden ist, sofern die Marke zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren eingetragen ist. Unter Benutzung ist eine ernsthafte inländische Benutzung für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen ist, zu verstehen, und zwar einschließlich der Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern.

In der Verknüpfung eines im Internet bereitgehaltenen Warenangebots mit einer dieses Warenangebot gleichsam „betitelnden“ (Second Level-) Domain dürfte eine rechtserhaltende Nutzung in diesem Sinne liegen. An einem solchen konkreten Produktbezug der Domain mangelt es jedoch im Regelfall. Als regelmäßig nicht ausreichend ist es nämlich anzusehen, wenn die Domain – wie in der weit überwiegenden Zahl der Fälle – lediglich das Unternehmen bzw. den Anbieter der vom Markenschutz umfassten Waren oder Dienstleistungen kennzeichnet. In dieser Regelkonstellation einer auf das Unternehmen bzw. dessen Werbeauftritt hinweisenden Domain wird – jedenfalls bei Warenmarken – keine rechtserhaltende Nutzung gesehen werden können, da hier nach dem objektiven Empfängerhorizont eine das Unternehmen und eben gerade nicht dessen Produkte kennzeichnende Verwendung stattfindet.

Allerdings ist stets sorgfältig zu prüfen, ob der in vielen Bereichen an Firmenschlagwörter, Firmenabkürzungen und Firmenlogos als Produktkennzeichen gewöhnte Verkehr nicht Anlass hat, die Verwendung des Unternehmenskennzeichens zugleich als Verwendung einer Marke anzusehen. Ist dies zu bejahen, kann ein und dieselbe Verwendungshandlung zugleich für eine eingetragene Marke und das Unternehmenskennzeichen rechtserhaltende Wirkung haben. Auch nach der Rechtsprechung gilt, dass in der Praxis die Grenze zwischen firmen- und markenmäßigem Gebrauch nicht immer eindeutig gezogen werden kann, sodass oft von einer – jedenfalls auch – markenmäßigen Benutzung auszugehen sein wird.

Ob also die äußerliche Kennzeichnung eines – im Zeitalter des Internet auch virtuellen – Ladengeschäfts oder eines Unternehmens durch eine Domain als Kennzeichnung auch der Produkte zu verstehen ist, ist Frage des Verkehrsverständnisses im Einzelfall. Bei Dienstleistungsunternehmen ist ein solches Verkehrsverständnis nahe liegend; anders bei der Bewerbung von Waren, wo ein nur firmenmäßiges Verkehrsverständnis der Regelfall sein dürfte.