XI. Markenbenutzung im geschäftlichen Verkehr via Domain; Reservierungsproblematik; Domain-Parking
Von RA und Fachanwalt IT-Recht Dr. Jens Bücking, Stuttgart
Die Abwehransprüche der §§ 14 und 15 MarkenG setzen eine unbefugte Benutzung des Konfliktzeichens „im geschäftlichen Verkehr“ der Bundesrepublik Deutschland voraus. Erforderlich ist eine wirtschaftliche Tätigkeit, die der Förderung eines eigenen oder eines fremden Geschäftszwecks dient.
Fraglich ist, ob es hierfür ausreicht, wenn sich auf der unter einer bestimmten Domain abrufbaren Website Werbung befindet. Geschäftsmäßigkeit soll nach Ansicht mancher Gerichte bereits vorliegen, wenn Werbebanner auf einer ansonsten privaten Homepage geschaltet werden, es sei denn es handele sich um Providerwerbung, die allein zur Kostenminimierung vom Betreiber der Website in sein Angebot eingebettet wurde.
Hyperlinks von einer privaten Homepage zu kommerziellen Seiten machen die Privathomepage dann zu einer geschäftlichen Seite, wenn sich der Domainbetreiber die Inhalte der verlinkten Seite objektiv zueigen macht.
Von einem Handeln im geschäftlichen Verkehr wird bei der Registrierung von Domains durch einen Gewerbetreibenden oder eine Handelsfirma in der Regel auszugehen sein, weil die Reservierung wegen der damit verbundenen Kosten nur Sinn macht, wenn die Domain anschließend auch tatsächlich in Benutzung genommen wird. Hier besteht eine Parallele zur Marken- und Handelsregisteranmeldung, die eine Benutzungsabsicht indizieren und daher eine vorbeugende Unterlassungsklage rechtfertigen.
Auch wenn die Registrierung nur dazu dienen soll, vom Rechteinhaber eine Art „Lösegeld“ für die Freigabe der Domain freizupressen, wird der Bereich rein privater Nutzung zu Kommunikationszwecken verlassen und die zunächst nur faktische Position der Blockade kommerzialisiert. Ein solches Verhalten ist in der Regel unlauter. Es besteht Erstbegehungsgefahr, da die Registrierung der Domain die Absicht ihrer Benutzung indiziert.
Die Reservierung von Domainnamen durch Private eröffnet dagegen nicht zwangsläufig kennzeichenrechtliche Ansprüche. Maßgeblich ist der jeweilige Einzelfall. Bei einem Domainnamen bedarf es einer positiven Feststellung, dass er im geschäftlichen Verkehr benutzt wird, wobei im Zweifel von einer rein privaten Nutzung auszugehen ist.
Die Frage der Benutzung ist problematisch, wenn eine Domain lediglich registriert worden ist, aber noch nicht in Benutzung genommen wurde, also noch nicht tatsächlich für eine Homepage verwendet wird. Nach Ansicht einiger Obergerichte ist die Homepage lediglich ein Mittel, die dahinter stehenden Waren bzw. Dienstleistungen anzubieten, nicht aber selbst Ware oder Dienstleistung. Ohne Kenntnis dessen, wofür die Internetanschrift steht, ließen sich daher weder Feststellungen zu einer Verwechslungsgefahr noch zur Unlauterkeit eines Verhaltens treffen. Ein solches Verbot würde auch Handlungen erfassen, die möglicherweise nicht rechtswidrig seien oder für die keine Begehungsgefahr bestehe. Daher wird betont, dass der Name der Domain allein nicht maßgeblich sein könne. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr seien auch die Inhalte der Homepage maßgeblich.
Kriterien wie Handelsregisterauszug oder Webseiteninhalte versagen jedoch wie gesehen, wenn es sich bei dem Unternehmen um einen Newcomer handelt oder Informationen unter der betreffenden Domain (noch) nicht zum Abruf bereitgestellt wurden.
Wer eine Domain lediglich registriert, mit ihr aber noch kein Internetangebot adressiert, handelt auch nach (wohl) überwiegender Ansicht der Gerichte im Regelfall noch nicht im geschäftlichen Verkehr. Er maße sich auch keinen fremden Namen an. Das gelte auch dann, wenn die Domain neben anderen lediglich vorrätig gehalten werde.
In der Rechtspraxis herrscht gerade im Hinblick auf die – im Rahmen einer vorbeugenden Unterlassungsklage regelmäßig zu prüfende – Absicht einer konkreten künftigen Nutzung der beanstandeten Internetadresse Verunsicherung. Dies gilt umso mehr, als wie gesehen Fallgestaltungen denkbar (und auch häufig anzutreffen) sind, in denen einer bereits konnektierten Domain gleichwohl ihre konkrete Nutzungsbestimmung (noch) nicht zweifelsfrei angesehen werden kann, was insbesondere bei der „weißen Website“ oder für „Baustellen“-Hinweise („under construction“) gilt, bei der die Anmelder eine bestimmte Internetadresse konnektieren, ohne darunter Inhalte bereitzuhalten. Die Art und Weise der konkret bevorstehenden Nutzung lässt sich hier zur Begründung eines Anspruchs aus §§ 14, 15 MarkenG nicht ohne Weiteres ermitteln, weshalb eine auf kennzeichenrechtliche Unterlassung gerichtete Klage regelmäßig mit einem nicht unerheblichen Risiko behaftet sein wird.
Kann der Unterlassungsanspruch des Kennzeicheninhabers mithin nur auf das Markenrecht gestützt werden, bedarf es hinreichender Indizien, die auf das Bestehen der Tatbestandsvoraussetzung der Verwechslungsgefahr hindeuten. Denn es ist davon auszugehen, dass die Anmeldung und die Eintragung eines Zeichens als Marke als solche noch keine kennzeichenmäßige Benutzung des Zeichens für die in Anspruch genommenen Waren oder Dienstleistungen darstellt. (Sie kann jedoch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch des Inhabers des älteren Zeichenrechts begründen.) Auch in der Registrierung eines Domainnamens würde nach dieser Ansicht folgerichtig noch keine Benutzung dieser Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr liegen – und damit auch keine Verletzung eines mit dieser Bezeichnung identischen oder ähnlichen Kennzeichenrechts.
In Fällen allerdings, in denen eine Domain zunächst auf eine unlautere Art und Weise dem eigentlichen Berechtigten vorenthalten und sodann zu Kommerzialisierungszwecken im Wege des Domain-Parkings verwendet wird, wird der Bereich der Privatnutzung freilich in jedem Fall verlassen und eine kommerzielle Nutzung, mithin ein Handeln im geschäftlichen Verkehr im Sinne des Markengesetzes und des UWG, begründet. Hier ergibt sich eine Analogie zu den „Umlenk- bzw. Weiterleitungsdomains“, die den Nutzer nach Aufruf der via Domain angefragten Website auf eine mit einer anderen Domain adressierte Website umleiten. Auch dies stellt einen Namensgebrauch bzw. eine kennzeichenmäßige Benutzung dar, da es sich um eine Weiterleitung handelt, bei der der Name der ersten, als „Durchgangsstation“ verwendeten Domain auf dem Bildschirm sichtbar ist.