Urteil des EuGH zum rechtlichen Schutz von topografischen Karten

Der Europäische Gerichtshof (“EuGH”) hat mit Urteil vom 29.10.2015 (Az. C-490/14) entschieden, dass topografische Landkarten als “Datenbanken” rechtlich geschützt sein können. Kern des Streites war die Frage, ob geografischen Daten, die aus einer topografischen Landkarte herausgelöst werden, um eine andere Landkarte herzustellen und zu vermarkten, nach ihrer Herauslösung ein hinreichender Informationswert bleibt, um als “unabhängige Elemente” einer “Datenbank” im Sinne der sogenannten Datenbankrichtlinie angesehen werden zu können.

Im Jahr 2013 befassten sich sowohl das Oberlandesgericht Dresden als auch das Oberlandesgericht München mit dieser Rechtsfrage. Im Revisionsverfahren gegen das Urteil der Münchener Richter, welche die Revision im Unterschied zu ihren sächsischen Kollegen wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfragen zugelassen hatten, legte der Bundesgerichtshof die Frage dem EuGH vor. Anders als die deutschen Obergerichte, welche die Frage verneint hatten, hat der EuGH in seiner wegweisenden Entscheidung den Schutz der einzelnen Elemente einer topografischen Karte bejaht.

Die Qualifizierung als “Datenbank”, so der EuGH, hänge davon ab, ob es sich um eine Sammlung von “unabhängigen Elementen” handelt, d. h. von Elementen, die sich voneinander trennen lassen, ohne dass der Wert ihres informativen, literarischen, künstlerischen, musikalischen oder sonstigen Inhalts dadurch beeinträchtigt wird (Rn. 17). Eine solche Beeinträchtigung liege dann nicht vor, wenn das Element nach seiner Herauslösung aus der betreffenden Sammlung noch einen selbständigen Informationswert besitzt (Rn. 25). Dies gelte selbst dann, wenn die Herauslösung des Elements aus dieser Sammlung zu einer entsprechenden Verringerung des Wertes führt (Rn. 23). Dieser Minderwert berühre nicht die Qualifizierung des Elements als “unabhängiges Element” im Sinne der Datenbankrichtlinie, sofern es einen selbständigen Informationswert behalte (Rn. 23). Ob der selbstständige Informationswert des Elements nach dessen Herauslösung aus der topografischen Karte für den typischen Nutzer erhalten bleibe, sei dafür unerheblich. Vielmehr sei der selbständige Informationswert für einen jeden Dritten zu beurteilen, der sich für das herausgelöste Element interessiert (Rn. 27).

Mit der Entscheidung ist der EuGH der Rechtsauffassung der esb Rechtsanwälte gefolgt, welche in dem Verfahren vor dem OLG Dresden den Berufungsbeklagten vertraten. Lesen Sie weiterführend dazu den Beitrag “Die topografische Karte als Datenbank”, WRP 2014, Seite 1157 ff., in welchem die Autoren, darunter Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Stefan Ansgar Strewe, Senior Partner und Leiter des Standorts Dresden sich bereits ausführlich mit der strittigen Problematik auseinandergesetzt hatten.

Praxistipp: Die Bedeutung der Entscheidung geht über den Anwendungsbereich topografischer Karten weit hinaus. Jeder Hersteller einer Sammlung von Daten kann sich unter Hinweis auf das EuGH-Urteil ab sofort dagegen wehren, dass wesentliche Teile seiner Sammlung durch Dritte kopiert werden. Voraussetzung: Auch dem einzelnen Element bleibt nach dessen Herauslösung noch ein eigenständiger Wert. Umgekehrt muss bei der Übernahme von Daten – und seien sie öffentlich für jedermann z.B. über das Internet verfügbar – noch mehr als bislang darauf geachtet werden, dass nicht die Rechte des Datenbankherstellers verletzt werden.

Sollten Sie rechtliche Beratung zum Thema “Rechtlicher Schutz von topografischen Karten” oder zum rechtlichen Schutz von Datenbanken allgemein wünschen, so helfen wir Ihnen gerne.

Ihre Ansprechpartner in unserem Büro Dresden für diesen Bereich sind:

Autor: Stefan Ansgar Strewe

Autor: Stefan Ansgar Strewe

Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht

Geschäftsführender Partner bei esb Rechtsanwälte Strewe, Hänsel & Partner mbB


Veröffentlicht am 03.11.2015
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