Domain-Schiedsgericht: Verwirkung von Ansprüchen des Markeninhabers gegen den Domaininhaber

 

RA und Fachanwalt IT-Recht Dr. Jens Bücking, Stuttgart

Das NAF-Schiedsgericht hat unter dem Az. FA1304001492678 entschieden, dass der Inhaber von Markenrechten trotz Markenverletzung und möglicherweise bösgläubiger Domainregistrierung wegen Verwirkung keinen Anspruch (mehr) auf Domainübertragung oder Nutzungsunterlassung gegen den aus eigenem Geschäftsinteresse heraus eine verwechslungsfähige Domain nutzenden Domaininhaber hat.

Denn unter dem Aspekt der Verwirkung könne der Markeninhaber / Antragsteller jedenfalls nach Ablauf von im Streitfall 4 Jahren ab der markenrechtsverletzenden Domainregistrierung keine entsprechenden Ansprüche mehr durchsetzen. Allenfalls wäre dies noch bei Bösgläubigkeit möglich gewesen. Eine solche konnte der Antragsteller jedoch nicht zur hinreichenden Überzeugung des Schiedsgerichts nachweisen.

Die Entscheidung wirft einmal mehr die Frage auf, welcher Anforderungen es bezogen auf  welchen Zeitpunkt (und welchen Grades der Glaubhaftmachung) es aus Sicht der jeweiligen Schiedsgerichtskammer („Panel“) bedarf, um die aus der Spruchpraxis des jeweiligen Domain-Schiedsgerichts entwickelten kasuistischen Gruppen von Bösglaubigkeit darzulegen. Denn Entscheidungen wie die hiesigen hinterlassen ein ungutes Gefühl, wenn die Verwechslungsgefahr vom Domaininhaber bei der Registrierung der beanstandeten Domain aus geschäftlichen Eigeninteressen in Kauf genommen oder sogar gezielt zur Umlenkung von Kundenströmen benutzt wird, dieser unlautere Aspekt allerdings wegen des reinen Zeitablaufs und des hierdurch – gleichsam „zwischenzeitlich“ – erworbenen rechtfertigenden eigenen Geschäftsinteresses nicht mehr bestehen soll.

Des Weiteren sind Zweifel anzumelden, ob eine Verwirkung bereits nach einem Zeitablauf von 4 Jahren wie im vorliegenden Fall (Domainregistrierung 2008, Schiedsantrag April 2013) eintreten kann; den bisherigen Entscheidungen des Schiedsgerichts zum Aspekt der Verwirkung lagen jeweils größere Zeitabstände zugrunde (FA1470990: 14 Jahre; FA1440736: 6 Jahre). Dies gilt umso mehr, als die Domain-Schiedsordnung (UDRP) eine Verteidigung unter Verweis auf eine Verwirkung des Anspruchs nicht – jedenfalls nicht expressis verbis – vorsieht.

Autor: Dr. Jens Bücking

Autor: Dr. Jens Bücking

Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht

Senior Partner bei esb Rechtsanwälte Emmert Bücking Speichert Matuszak-Lesny (Adwokat) Partner­schafts­gesell­schaft mit beschränkter Berufshaftung


Veröffentlicht am 28.05.2013
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