BFSG – Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – schon eine BFSG-Taskforce gegründet?

Was bedeutet „Barrierefreiheit“ im Sinne des BFSG?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) bringt für Hersteller, Händler und Dienstleistungserbringer wichtige Neuerungen, um Produkte und Dienstleistungen auch für Menschen mit Behinderungen zugänglicher zu machen. Unternehmen sind verpflichtet, Produkte und Dienstleistungen so zu gestalten, dass sie von Menschen mit Behinderungen ohne fremde Hilfe genutzt werden können. Nach der Gesetzesbegründung ist ein Produkt oder eine Dienstleistung dann barrierefrei, „wenn eine Information über das Zwei-Sinne-Prinzip zur Verfügung gestellt wird, die Inhalte in verständlicher Weise dargestellt sind, in einer Schriftart mit angemessener Schriftgröße, in geeigneter Schriftform und Kontrast, und auf eine Weise, die die Nutzer wahrnehmen können.“ Nach diesem Prinzip sollen Informationen durch mindestens zwei verschiedene Sinne (insbesondere also Sehen und Hören) vermittelt werden.

Welchen Anwendungsbereich hat das BFSG?

Das BFSG verpflichtet Akteure der Privatwirtschaft und soll Barrierefreiheit von ausgewählten Produkten und Dienstleistungen sicherstellen, die sich an Verbraucher richten. Betroffen sind Hersteller und Händler von Produkten wie Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones, TV-Geräte mit Internetzugang, E-Book-Lesegeräte, Modems oder Routern sowie Dienstleister (das Gesetz spricht hier vom sogenannten „Dienstleistungserbringer“), die z.B. Telekommunikations-, Personenbeförderungs- oder Bankdienstleistungen anbieten.

Ab wann gilt das neue Gesetz?

Hersteller, Importeure, Distributoren oder Fachhändler eines der dem BFSG unterfallenden Produkte müssen künftig dafür Sorge tragen, dass alle Produkte, die nach dem 28.06.2025 in Verkehr gebracht werden, den Anforderungen des BFSG entsprechen. Entsprechendes gilt für die Erbringung von Dienstleistungen, wobei insoweit Übergangsbestimmungen gelten (§ 38 BFSG). Entsprechen Produkte bzw. Dienstleistungen nicht den Barrierefreiheitsanforderungen, dürfen diese in der europäischen Union nicht mehr verkauft bzw. erbracht werden.

Fallen auch Online-Shops unter das BFSG?

Unabhängig von den angebotenen Produkten ist das Gesetz auch für Betreiber von B2C-Online-Shops und B2C-Bestellportalen relevant, denn es umfasst „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“. Darunter sind sämtliche Online-Präsenzen für den Online-Verkauf jeglicher Produkte oder Dienstleistungen an Verbraucher zu verstehen.

Gibt es Ausnahmen?

Ausgenommen sind Kleinstunternehmen (weniger als 10 Vollzeitbeschäftigte und max. 2 Mio. Euro Jahresumsatz / max. 2 Mio. Euro Jahresbilanzsummer), § 3 Absatz 3 BFSG. Hierbei ist unbedingt zu beachten, dass diese Ausnahme nur in Bezug auf Dienstleistungen gilt, also nicht greift, wenn die Kleinstunternehmen dem BFSG unterfallende Produkte in Verkehr bringen. Darüber hinaus muss das BFSG nicht eingehalten werden, soweit die Umsetzung des Gesetzes eine wesentliche Änderung eines Produkts oder einer Dienstleistung erfordern würde, die zu einer grundlegenden Veränderung der Wesensmerkmale des Produktes oder der Dienstleistung (§ 16 BFSG) führen oder soweit mit der Einhaltung der Anforderungen eine unverhältnismäßige Belastung (§ 17 BFSG) einhergehen würde.

Welche Informationspflichten treffen Dienstleister?

Dienstleister, zu denen wie erläutert unter anderem auch Betreiber von B2C-Online-Shops zählen, müssen ab dem 29.06.2025 – in ihren AGB oder auf andere deutlich wahrnehmbare Weise – darüber informieren, wie sie die Barrierefreiheitsanforderungen umgesetzt haben. Diese Information muss – das ist fast schon selbstverständlich – auch barrierefrei gestaltet sein (vgl. Seite 79 f. Gesetzesbegründung). Folgende Mindestinformationen sind zwingend bereitzuzustellen:

  • Eine Beschreibung der geltenden Anforderungen an die Barrierefreiheit,
  • eine allgemeine Beschreibung der Dienstleistung in einem barrierefreien Format,
  • Beschreibungen und Erläuterungen, die zum Verständnis der Durchführung der Dienstleistung erforderlich sind,
  • eine Beschreibung, wie die Dienstleistung die einschlägigen Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt und
  • die Angabe der zuständigen Marktüberwachungsbehörde.

Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen?

Unternehmen, die die Barrierefreiheitsanforderungen nicht erfüllen, drohen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro sowie Verfügungen zur Untersagung des Produkts oder zur Einstellung der Dienstleistung. Des Weiteren ist insbesondere auch mit Abmahnungen wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens zu rechnen.

Praxistipp:

Wir empfehlen allen Unternehmen der Privatwirtschaft, sich frühzeitig mit der Umsetzung der Anforderungen zu befassen und zu prüfen, ob direkte oder indirekte Betroffenheit durch das BFSG besteht. Auch die Gründung einer unternehmensinternen BFSG-Taskforce kann insoweit geboten sein. Gegebenenfalls bietet es sich zudem an, eine auf das BFSG spezialisierte Webagentur hinzuzuziehen. Betreibern von B2C-Online-Shops wird darüber hinaus empfohlen, die Informationen zur Barrierefreiheit – vergleichbar mit den Informationen zum Datenschutz – über einen eigenen Menüpunkt (z.B. bezeichnet als „Barrierefreiheit“) im Seitenmenü mit entsprechend befüllter Unterseite zur Verfügung zu stellen. In die AGB sollte auch zur Meidung von Widersprüchen lediglich eine Verlinkung auf diese Seite vorgenommen werden.

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Veröffentlicht am 05.02.2025
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