BGH: Keine Ansprüche bei versteckten „Dialern“

Der BGH bestätigt damit eine seit einiger Zeit erkennbare Tendenz der Gerichte, zu Gunsten des Verbrauchers zu entscheiden und stellte fest, dass dem betroffenen Anschlussinhaber kein Verstoß gegen seine Sorgfaltsobliegenheiten zur Last fällt. In dem entschiedenen Fall hatte die Klägerin, ein Telefonnetzbetreiber, von der beklagten Inhaberin eines ISDN-Anschlusses die Zahlung von rund 9.000 € verlangt. Die in Rechnung gestellten Beträge beruhten zum großen Teil auf Verbindungen, die von Mai bis August 2000 zu einer bestimmten 0190-Mehrwertdienstenummer hergestellt wurden. Der Sohn der Beklagten hatte beim Surfen im Internet eine Datei auf seinen PC heruntergeladen, welche die Beschleunigung der Datenübertragung versprach. Der sich tatsächlich in der Datei verbergende „Dialer“ veränderte die Standardeinstellungen im Datenfernübertragungsnetzwerk des Computers derart, dass sämtliche Verbindungen in das Internet fortan über eine teure 0190-Mehrwertdienstenummer hergestellt wurden. In für „Dialer“-Fälle charakteristischer Weise waren die Manipulationen aber bei standardmäßiger Nutzung des Computers nicht bemerkbar. Bereits vorinstanzlich wurde entschieden, dass die Netzbetreiberin sich das Vorgehen des Inhabers der Mehrwertdienstenummer zurechnen lassen muss. Der Vergütungsforderung der Klägerin stehe daher ein Schadensersatzanspruch der Beklagten entgegen, aufgrund dessen sie so gestellt werden müsse, als ob sich der Dialer nicht eingeschlichen hätte. Die Revision der Klägerin wurde nunmehr vom BGH zurückgewiesen. Der BGH führte dabei aus, dass mangels einer ausdrücklichen Regelung zwischen den Parteien im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sowie und der Rechtsgedanken des § 16 Abs. 3 Satz 3 TKV herangezogen werden müsse, wonach den Kunden keine Vergütungspflicht für die Nutzung seines Anschlusses durch Dritte trifft, sofern er diese nicht zu vertreten hat. Da die Klägerin aber nur einen Teil des erhöhten Entgelts an andere Netz- und Plattformbetreiber abführen müsse und damit fraglos ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Inanspruchnahme der Mehrwertdienste habe, sei es auch angemessen, dass sie das Risiko eines solchen Missbrauchs der 0190-Nummern trägt. Ein Verstoß gegen Sorgfaltsobliegenheiten konnte dem Sohn der Beklagten dagegen nicht zur Last gelegt werden, da kein besonderer Anlass zu Schutzvorkehrungen bestanden hätte: der „Dialer“ war schlicht nicht bemerkbar. Eine routinemäßige Vorsorge gegen schädigende Anwahlprogramme konnte nach Auffassung der dritten Zivilkammer des BGH aber nicht erwartet werden.

Veröffentlicht am 05.03.2004
unter #Onlinerecht