Das personenbezogene Datum als geldwerte Gegenleistung

Lange hat es sich angebahnt, nun ist es so weit. Am Dienstag hat das EU-Parlament die Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen beschlossen. Neben zahlreichen weiteren Verbesserungen und Vereinheitlichungen verbraucherschützender Normen sowohl beim Warenkauf als auch beim Herunterladen digitaler Inhalte und Dienstleistungen, wie z.B. Apps, Spielen, Musik und Filmen, revolutioniert die Richtlinie den Europäischen Datenschutz sozusagen durch die Hintertür.

Denn erstmals setzt das Europäische Parlament die Preisgabe personenbezogener Daten durch den Kunden einer sonstigen geldwerten Gegenleistung gleich.

So heißt es in Art. 3 Absatz 1 zum Anwendungsbereich der Richtlinie:

Diese Richtlinie gilt für alle Verträge, auf deren Grundlage der Unternehmer dem Verbraucher digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt und der Verbraucher einen Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt.

Diese Richtlinie gilt auch, wenn der Unternehmer dem Verbraucher digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt und der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder deren Bereitstellung zusagt (…).

RICHTLINIE (EU) DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (Entwurfsfassung)

Damit werden also die personenbezogenen Daten der Zahlung eines Preises gleichgesetzt. Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen dann, wenn die personenbezogenen Daten nicht den Charakter einer Gegenleistung haben, weil sie zur Durchführung der Leistung erforderlich sind bzw. der Unternehmer sie zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben erheben muss und die personenebezogenen Daten auch nur für diese Zwecke verwendet.

Die weitestgehende Gleichstellung der Bereitstellung personenbezogener Daten mit der Zahlung eines Kaufpreises oder einer Dienstleistungsvergütung hat weitreichende Folgen für digitale Inhalte und Dienstleistungen, die sich bisher zwar als “kostenlos” dargestellt, aber die personenbezogenen Daten ihrer Kunden zu Geld gemacht haben. Insoweit darf von einem Paradigmenwechsel gesprochen werden.

Diese “kostenlosen” Geschäftsmodelle werden sicherlich nicht gänzlich vom Markt verschwinden. Sie werden aber künftig für den Anbieter wesentlich teurer und risikobehafteter. Denn die Gleichstellung hat zur Folge, dass zahlreiche verbraucherschützende Normen wie Nachbesserungsansprüche, Rückgaberechte, Minderungsrechte und Schadensersatzansprüche bei Nicht- und Schlechtleistung auch auf diese “kostenlosen” Angebote Anwendung finden.

Rechtspolitisch ist dies nur fair, denn die Regelung erkennt damit endlich an, dass die Bereitstellung personenbezogener Daten einen Preis hat, der auch keinesfalls völlig geringfügig ist.

Wir werden daher über die konkreten Konsequenzen der Regelung, die spätestens innerhalb der nächsten zwei Jahre in nationales Recht umzusetzen ist, an dieser Stelle weiter berichten.

Autor: Stefan Ansgar Strewe

Autor: Stefan Ansgar Strewe

Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht

Geschäftsführender Partner bei esb Rechtsanwälte Strewe, Hänsel & Partner mbB


Veröffentlicht am 28.03.2019
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