Oberlandesgericht Stuttgart: Bausparkasse darf Hochzins-Vertrag nicht kündigen

Ein Bausparvertrag ist eine gut verzinste garantierte Geldanlage – selbst wenn sie nicht dem Immobilienkauf dient. Allerdings belasten solche Verträge in der derzeitigen Niedrigzinsphase zunehmend die Bausparkassen. Durch einseitige Kündigungen wollen diese Abhilfe schaffen und sich der teuren Verträge entledigen. Zu Unrecht, wie am 30.03.2016 nun in der Prozesswelle der gekündigten Bausparer das Oberlandesgericht Stuttgart als erstes Berufungsgericht entschieden hat.

Das Urteil kam überraschend, weil Wüstenrot in erster Instanz recht bekommen hatte. Auch andere Gerichte hatten zuvor weit überwiegend zugunsten der Bausparkassen entschieden.

Der streitige hochverzinste Bausparvertrag aus 1978 war seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreif, das Darlehen wurde aber nicht abgerufen. Wüstenrot berief sich daraufhin auf ein „Sonderkündigungsrecht“, wonach die Bausparkassen zehn Jahre nach Empfang der vollständigen Leistung einen Vertrag kündigen können.
Das OLG Stuttgart vertrat jedoch die Auffassung, der Bausparer müsse auch weiterhin die Möglichkeit haben, das Darlehen in Anspruch zu nehmen, auch wenn sich das bei dem
derzeitigen Zins nicht rechne. Die Zehnjahresfrist greife erst, sobald das Darlehen vollständig zugeteilt sei. Auch ein gesetzliches Kündigungsrecht greife nicht ein. Dies würde voraussetzen, dass die Bausparkasse den Bausparer aufgefordert hatte, weiter Beiträge zu zahlen und dieser Forderung nicht nachgekommen worden wäre.

Autor: Dr. Jens Bücking

Autor: Dr. Jens Bücking

Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht

Senior Partner bei esb Rechtsanwälte Emmert Bücking Speichert Matuszak-Lesny (Adwokat) Partner­schafts­gesell­schaft mit beschränkter Berufshaftung


Veröffentlicht am 01.04.2016
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