BGH: Unwirksame Bearbeitungsgebühren bei Firmenkrediten
Der BGH hat am 04.07.2017 entschieden, dass die von Banken in AGB vorformulierten Bestimmungen über ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt (bzw. eine „Bearbeitungsgebühr“) in Darlehensverträgen, auch wenn sie „B2B“ zwischen Kreditinstituten und Unternehmern geschlossen wurden, unwirksam sein können (XI ZR 562/15, XI ZR 233/16).
Der BGH hat zunächst festgestellt, dass es sich bei den angegriffenen Klauseln um sog. Preisnebenabreden handelt, die der AGB-Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen, dieser Inhaltskontrolle nicht standhalten:
Die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte sei mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren, weshalb gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners anzunehmen sei. Auch bei Firmendarlehensverträgen gebe es keine Gründe, die diese gesetzliche Vermutung widerlegen würden. Insbesondere könne die Angemessenheit eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts nicht mit eventuell hieraus resultierenden steuerlichen Vorteilen auf der Seite eines unternehmerischen Kreditnehmers begründet werden.
Soweit die Klauseln mit einem entsprechenden Handelsbrauch begründet würden, stütze ihr Sachvortrag das Bestehen eines solchen Handelsbrauches nicht.
Die Angemessenheit der Klauseln lasse sich auch nicht mit Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs rechtfertigen. Soweit hierzu eine geringere Schutzbedürftigkeit und eine stärkere Verhandlungsmacht von Unternehmern – im Unterschied zu den (grundsätzlich schutzwürdigeren) Verbrauchern – angeführt werde, werde übersehen, dass der Schutzzweck des § 307 BGB, die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht zu begrenzen, auch zugunsten eines – informierten und erfahrenen – Unternehmers gelte. Dass ein Unternehmer eine sich aus verschiedenen Entgeltkomponenten ergebende Gesamtbelastung ggfls. besser abschätzen könne, belege nicht die Angemessenheit der Klausel.
Denn die Inhaltskontrolle solle allgemein vor Klauseln schützen, bei denen das auf einen gegenseitigen Interessenausgleich gerichtete dispositive Gesetzesrecht durch einseitige Gestaltungsmacht des Klauselverwenders außer Kraft gesetzt werde. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass Kreditinstitute gegenüber Unternehmern keine solche einseitige Gestaltungsmacht in Anspruch nehmen könnten. Auf ein gesteigertes wirtschaftliches Verständnis von Unternehmern komme es bei den vorliegenden Klauseln nicht an, weil sie von einem Verbraucher ebenso wie von einem Unternehmer ohne Weiteres zu verstehen seien.
Autor: Dr. Jens Bücking
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht
Senior Partner bei esb Rechtsanwälte Emmert Bücking Speichert Matuszak-Lesny (Adwokat) Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung
Veröffentlicht am 24.07.2017
unter #Bankrecht
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