“Freispruch” für das Affiliate-Marketing II: die Urteilsgründe

Im Ergebnis konnte der Advertiser für die Tätigkeit seines Publishers nicht verantwortlich gemacht werden. Die Haftung für Beauftragte wie vorliegend den Publisher knüpfe an das vom Auftraggeber – vorliegend dem Advertiser – als Teil seiner Geschäftsorganisation beherrschbare Risiko an und erstrecke sich nicht auf die Gestaltung von anderen als den zu seinem Partnerprogramm angemeldeten Internetseiten, deren hinreichende Kontrolle ihm weder möglich noch zumutbar gewesen sei. Im vorliegenden Fall habe sich das zwischen dem Advertiser und dem Publisher vermittelte und jeweils durch AGBs geregelte Auftragsverhältnis nur auf die eine – einzige – zum Partnerprogramm des Advertisers angemeldete sog. Haupt-URL bezogen (mit allen ihren Unterseiten), so dass der Publisher insbesondere eine Provision nur für solche Umsätze des Advertisers habe erzielen können, die durch Ansteuern des Hyperlinks zu dessen Online-Shop auf der angemeldeten Seite oder einer ihrer Unterseiten angebahnt wurden. Umgekehrt sei eine Werbetätigkeit des Publishers außerhalb dieses Bereichs (sei es im geschäftlichen Interesse Dritter oder im eigenen Interesse) dem Advertiser nicht ohne Weiteres zuzurechnen. Solch eine Zurechnung wäre in Betracht gekommen, wenn der Advertiser mit der (seine Interessen fördernden) anderweitigen Tätigkeit des Publishers rechnen musste und er sie hätte beeinflussen können, mit anderen Worten: sie sich nicht seinen Kontrollmöglichkeiten entzogen hätte. Allerdings habe eine solche Abrechenbarkeit über die angemeldete Haupt-URL mit ihren Unterseiten im Streitfall nicht vorgelegen, und es habe sich dem Advertiser auch nicht aufdrängen müssen, dass der Publisher im Bereich dieser in die Abwicklung des Partnerprogramms eingebundenen Seite eine Suchmaschinenmanipulation vornehme, die die Gefahr von Kennzeichenverletzungen in sich berge – wobei für eine Haftung hätte hinzutreten müssen, dass der Advertiser dies sodann auch auf zumutbare Weise hätte unterbinden können. Ein solches Zusammentreffen von Zurechnungsfaktoren konnte der Senat nicht feststellen. Jedenfalls habe es im Streitfall am Element der gewissen Risikobeherrschung als weitere Voraussetzung für eine Haftung des Advertisers gefehlt. Falls nämlich die Seite mit der Rechtsverletzung in keiner Verbindung zur angemeldeten URL stand, habe der Advertiser zwar die fehlerhafte Platzierung seines Hyperlinks mit Hilfe einer Tracking-Software erkennen können, was gegebenenfalls die Versagung von Provisionen für darüber angebahnte Umsätze zur Folge gehabt hätte. Auf die Gestaltung der “falschen” Umgebung seines Links als solche hatte der Advertiser dagegen keinen Einfluss, und zur Durchsetzung seines Anspruchs auf Entfernung des falsch platzierten Hyperlinks habe er erst Anlass gehabt, wenn er von dem Fehler erfahren habe oder auf zumutbare Weise hätte erfahren haben können. Dies war bis zur Entfernung des Hyperlinks durch den Publisher – nach Abmahnung durch die Klägerin – nicht erweislich der Fall. Aber auch wenn die angemeldete Seite mit dem dort integrierten Hyperlink im Wege einer Frame-Einbindung unter einer anderen, die Rechte der Klägerin verletzenden Seite angezeigt worden wäre, könne der Advertiser dennoch nicht für zeichenrechtswidrige Gestaltungen des Frames durch den Publisher haftbar gemacht werden. Denn dass eine solche Frame-Einbindung überhaupt stattfand, konnte der Advertiser nicht erkennen. Technische Mittel, wie die von ihm eingesetzte Tracking-Software, konnten ihm ebenso wie dem Affiliate-Plattformbetreiber bei der Nachverfolgung eines Hyperlinks immer nur den “letzten Schritt” zeigen, hier die Hauptseite mit dem Hyperlink, aber nie den “Rahmen”. Auch über Einfluss auf die Gestaltung dieses “Rahmens” verfügte der Adveriser im Übrigen nicht, weshalb der Publisher letztlich auch aus objektiver Sicht nicht als der Beauftragte des Advertisers erscheine. Ebenso wenig wie ein Unternehmen, das im Geschäftslokal eines Händlers mit Plakaten für seine Produkte werbe, für die Art und Weise der Werbung des Händlers für sein eigenes Geschäft verantwortlich gemacht werden könne, seien dem Advertiser seiner Kontrolle entzogene Methoden des Publishers zur Last zu legen, mit denen der Publisher auf seine Internetkataloge und erst dort mit weiterführenden Hyperlinks zu den betreffenden Unternehmen zu locken versuche. Eine Störerhaftung scheitere nach den vorstehenden Erwägungen gleichfalls an der fehlenden Verletzung zumutbarer Prüfpflichten.

Veröffentlicht am 09.02.2011
unter #Allgemein