Landgericht Stuttgart: Vertragsverhältnis zwischen Affiliate-Partner und Programmbetreiber

Mit Urteil vom 31.03.2014 hat das Landgericht Stuttgart in einem von dieser Kanzlei mit begleiteten Fall eine Klage auf Abmahnkostenerstattung des Programmbetreibers für eine markenrechtliche Abmahnung wegen sogenannter „Vertipperdomains“ abgewiesen und in seinen Entscheidungsgründen richtungsweisende Ausführungen zu Vertragsschluss und Vertragsinhalt in Affiliate-Vertragsverhältnissen gemacht.
Das Landgericht hat insbesondere festgestellt: Einem Unterlassungsanspruch aus Markengesetz könne der Beklagte erfolgreich seine Affiliate-Tätigkeit entgegenhalten. Im Streitfall hatte der Beklagte im Affliliate-Programm das Werbemittel „Vertipper-Domains“ zur Generierung von Traffic aufgenommen. Das hierdurch begründete Vertragsverhältnis war zu kündigen. Diese Kündigungen zu beweisen sei der Markeninhaberin nicht gelungen. Daher sei beim Beklagten die Kenntnis davon, dass diese Vertriebsform der Vertipperdomains nicht praktiziert werden solle, erst durch die dem Klageverfahren vorausgehende kennzeichenrechtliche Abmahnung eingetreten. Auf die exakte Konstruktion der Vertriebsform komme es nicht an. Denn unstreitig sei der Beklagte als Werbepartner der Markeninhaberin jahrelang akzeptiert gewesen. Die Initiative hierfür sein von der Markeninhaberin ausgegangen, die entsprechende Affiliate-Programme zur Optimierung ihres Geschäftserfolges geschaltet habe. Ihr sei als Initiatorin zuzumuten, sich die tatsächliche Anmeldung des Beklagten zu beschaffen und vorzulegen, um hieraus auch den konkreten Vertragsinhalt des Affiliate-Partnervertrages darzulegen. Als Initiatorin des Werbepartnersystems müsse sie über entsprechende Kontrollmöglichkeiten verfügen. Schlußendlich gehe auch die Honorierung der Werbehelfer auf ihre Kosten, sodass sie auch bei einem 2-Verträge-System darauf Einfluss haben müsse. Das Landgericht musste daher keine Aussage darüber treffen, ob es sich bei dem Affiliate-Vertrag um einen durch den Netzbetreiber vermittelten Direktvertrag oder um ein 2-Verträge-Modell handele.
Die Markeninhaberin (bzw. der Affiliate-Netzbetreiber auf Einflussnahme der Markeninhaberin) mussten in der Abmahnung, so das Landgericht sinngemäß, jedenfalls zunächst gegenüber dem Beklagten klarstellen, dass die bisher jahrelang geduldete und möglicherweise sogar honorierte Affliliate-Tätigkeit beendet sei. Eine vom Beklagten geltend gemachte ordentliche Kündigungsfrist aus Rechtspacht, wie vom Beklagten vorgetragen, erkannte das Landgericht allerdings nicht. Auf eine „Schonfrist“ könne er sich nicht berufen, da er seinerseits die Vertragsbeziehung der Parteien nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe. Die allgemeine Verwicklung in Partnerschaftsprogramme reiche insoweit nicht aus. Die Vertragsparteien hätten das seiner Zeit ins Werk gesetzte und vollzogene/praktizierte Affiliate-Verhältnis nicht im Einzelnen ausgearbeitet und dargestellt. Hinsichtlich der Inhalte und insbesondere der Akzeptanz von Vertipper-Domains sei der Beklagte allerdings seiner Substantiierungspflicht nicht nachgekommen und habe daher insoweit Anlass zur Klage gegeben.

 

RA und Fachanwalt für IT-Recht Dr. Jens Bücking, Stuttgart

Autor: Dr. Jens Bücking

Autor: Dr. Jens Bücking

Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht

Senior Partner bei esb Rechtsanwälte Emmert Bücking Speichert Matuszak-Lesny (Adwokat) Partner­schafts­gesell­schaft mit beschränkter Berufshaftung


Veröffentlicht am 07.05.2014
unter #Geistiges Eigentum (insbes. Urheberrecht)