Keine Erschöpfung des Verbreitungsrechts beim Online-Vertrieb von eBooks

RAin Anne Schramm, LL.M. (VUW), Dresden

Eine Klausel in den AGB eines eBook- und Hörbuchverlages, die das öffentliche Zugänglichmachen und die Weitergabe von per Download erworbenen Dateien ohne Zustimmung des Verlages verbietet, benachteiligt die Kunden nicht unangemessen.

So urteilte unlängst das Landgericht Bielefeld (Urteil vom 05.03.2013, Az.: 4 O 191/11). Damit erteilte es der Klage der Verbraucherzentrale Bundesverband eine Absage. Diese war zum einen der Auffassung, die streitgegenständliche Klausel verstoße gegen § 307 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2 BGB. Die Klausel verkürze das vom Verbraucher erworbene Recht auf ein “einfaches Nutzungsrecht”, ohne dass dem Verbraucher verdeutlicht werde, welche Rechte ihm nach den urheberrechtlichen Vorschriften tatsächlich zustünden. Vor allem aber stehe die Klausel mit der grundlegenden gesetzlichen Wertung des § 17 Abs. II UrhG – der den sog. Erschöpfungsgrundsatz normiert – in Widerspruch. Dieser müsse sowohl auf körperliche, als auch auf unkörperliche Werkträger Anwendung finden. Schließlich argumentierte die Klägerin mit einer Entscheidung des Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 03.07.2012 in der Rechtssache C-128/11, Used Soft ./. Oracle, ZUM 2012, 661. Diese sei jedenfalls wertend zu berücksichtigen sei. Aus den Feststellungen des EuGH ergebe sich, dass der Erschöpfungsgrundsatz des § 17 Abs. II UrhG für Werkstücke in jeglicher Form gelten müsse.

Das Gericht gewichtete die Interessen des ebook- und Hörbuchverlages höher. Ohne ein Weiterveräußerungsverbot wäre es dem Erwerber möglich, ein einmal erworbenes E-Book oder Hörbuch an eine Vielzahl von Zweiterwerbern zu veräußern. Es bestehe jedoch ein überwiegendes urheberrechtliches und wirtschaftliches Interesse des Verkäufers, dies zu unterbinden, so das Gericht. Denn bei Dateien bestehe die Besonderheit, dass diese verlustfrei, praktisch ohne Gebrauchsverlust, digital übertragen werden können, ohne dass der ursprüngliche Veräußerer hieran partizipiert.

Der Verbraucher sei sich der Besonderheiten des Online-Handels ausreichend bewusst. Für ihn sei angesichts des Online-Vertriebs erkennbar, dass er kein körperliches Werkstück erhält, sondern ein Hörbuch oder E-Book in Dateiform. In gleicher Weise könne der Verbraucher erkennen, dass eine Vielzahl anderer Kunden einen ähnlichen Download durchführen kann. Schließlich ist dem Verbraucher bekannt, dass er durch den Download Audiodateien auf seiner Festplatte erhält, die nach den technischen Möglichkeiten grundsätzlich auf andere Datenträger verlustfrei ohne jeden Wertverlust übertragen werden können.

Gegen das Urteil hat die Verbraucherzentrale Berufung eingelegt (Oberlandesgericht Hamm, Az.: 22 U 60/13). Termin zur Verhandlung wurde noch nicht anberaumt.

Autor: Anne Schramm, LL.M. (VUW)

Autor: Anne Schramm

Rechtsanwältin
Fachanwältin für IT-Recht
Fachanwältin für Internationales Wirtschaftsrecht

Angestellte Rechtsanwältin bei esb Rechtsanwälte Strewe, Hänsel & Partner mbB


Veröffentlicht am 26.08.2013
unter #Geistiges Eigentum (insbes. Urheberrecht)