Lauda fliegt auf „niki.de“
Unverhofft kommt oft: Nikolaus Amberger, der seit Kindesbeinen nur „Niki“ gerufen wird, bekommt Post von den Anwälten der N.L. Luftfahrt GmbH und Herrn Niki Lauda. Beansprucht wird die Unterlassung der Domainnutzung für „niki.de“, einer Domain, unter der Niki Amberger eine private Website vorbereitete – und dies angesichts der Prozessdrohung nun zunächst einmal auf Eis gelegt hat. N.L. und Niki Lauda stützen sich auf das Markenrecht und § 12 BGB, den bürgerlich-rechtlichen Namensschutz.
Die Rechtslage ist alles andere als eindeutig: Wie der Bundesgerichtshof in der Shell.de-Entscheidung festgestellt hat, besteht zwischen dem Namensschutz und dem markenrechtlichen Kennzeichenschutz grundsätzlich das Verhältnis der Ausschließlichkeit. Wird z.B. ein Personenname im gewerblichen Bereich eingesetzt, müssten nach dieser Rechtsprechung die Vorschriften des Markengesetzes den ansonsten anwendbaren § 12 BGB verdrängen. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Lauda-Anwälte sehen das anders: Der Privatnamensschutz des Namensgebers Niki Lauda verhilft ihrer Ansicht nach auch der N.L. Luftfahrt GmbH zu Unterlassungsansprüchen.
Diese Argumentation wirft freilich Fragen auf: Unbeschadet dessen, ob es sich bei „Niki“ nicht möglicherweise um eine schutzunfähige Allerweltsbezeichnung (ohne Unterscheidungskraft) handelt oder ob – dann u.U. BEIDEN Kontrahenten – nicht derselbe Namensschutz an ihrem Spitznamen über § 12 BGB zusteht: Es würde in jedem Fall der rein private Bereich der Namensnutzung verlassen. Das aber ist prinzipiell nur über das Markenecht (bei zum Verwechseln ähnlichen Waren/Dienstleistungen oder verwandter Branche) möglich.
Hinzu kommt, dass der Spitzname „Niki“ – also in Alleinstellung, ohne den Identifikator „Lauda“ – wohl Verkehrsgeltung haben, also von einem maßgeblichen Teil der bundesdeutschen Bevölkerung unmittelbar mit Niki Lauda assoziiert werden müsste. Geht man von Gleichnamigkeit aus – beide Kontrahenten tragen diesen Spitznamen -, so wäre nach bisheriger Rechtsprechung unter Umständen sogar Berühmtheit erforderlich, mit anderen Worten ein Bekanntheitsgrad von 80 % in der inländischen Bevölkerung, um hier Niki Lauda (und der N.L. Luftfahrt GmbH) zu besseren Rechten zu verhelfen.
Nachdem das Angebot von Niki Amberger, durch z.B. Weiterleitungen von seiner Website eine etwaige Restgefahr von Verwechselungen mit einer offiziellen Homepage von Niki Lauda oder gar der N.L. Luftfahrt GmbH zu vermeiden, abgelehnt worden waren, scheint nun die Bemühung der Gerichte unausweichlich. Indessen: Eine gedankliche Verbindung von wesentlichen Teilen der Bevölkerung zwischen der Domain „niki.de“ und dem Rennfahrer Nikolaus „Niki“ Lauda dürfte bei einer demoskopischen Umfragen eher zweifelhaft sein.
Und auch eine Suchstrategie nach Niki Lauda würde wohl schwerlich mit der Direkteingabe des Spitznamens, dessen Schreibweise selbst dem Sportinteressierten kaum geläufig sein dürfte, beginnen (Nicki? Niki?). Jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland – dem insoweit maßgeblichen Kreis für die Beurteilung der Verwechselungsfähigkeit einer de-Domain – weckt die Nennung des Begriffs „Niki“ in erster Linie die Assoziation mit den uns alle noch (und wieder) bekannten Nicki-Pullovern, sodann allenfalls noch mit der Schlagersängerin „Nicki“ („Wegen dir“).
Die Argumentation von Niki Amberger lautet nun, da seine Bemühungen, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen, gescheitert sind: Die Verwendung des Personennamens einschließlich seiner Koseformen führt im gewerblichen Bereich – hier im Bereich der Luftfahrt – zum grundsätzlichen Vorrang des Markengesetzes. An der dann erforderlichen Verwechselungsgefahr scheitern jedoch die Ansprüche von Herrn Niki Lauda und der N.L. Luftfahrt GmbH, weil Niki Amberger seine Homepage nur privat nutzt. Dieser grundsätzliche Vorrang des Markengesetzes gegenüber dem reinen Namensrecht aus § 12 BGB tritt nur im Falle überragender Bekanntheit zurück
Es mag daher dahinstehen, ob Nikolaus „Niki“ Lauda in Österreich für seinen Kosenamen „Niki“ Verkehrsgeltung beanspruchen kann. Ob dies im Inland der Fall ist, erscheint zwar zweifelhaft, dürfte aber aus Rechtsgründen ohnehin unerheblich sein. (In der Bundesrepublik Deutschland wird der Rennfahrer voraussichtlich allenfalls in der Kombination Vor- und Zuname als „Niki Lauda“ den für eine Verkehrsgeltung erforderlichen Bekanntheitsgrad aufweisen, was nach bisheriger Rechtsprechung wohl nicht ausreichend wäre; im Inland hätte der Domaininhaber Niki Amberger daher keine schlechteren Rechte als Nikolaus Lauda an seinem Kosenamen „Niki“ in Alleinstellung).
Zudem hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung Kurt-Biedenkopf.de klargestellt, dass im Falle der Gleichnamigkeit, aber auch in jedem Fall der Benutzung eines Domainnamens durch nicht namensgleiche Dritte, es stets einer Zuordnungsverwirrung bedarf, bei der in beiden Fällen nach der konkreten Art der Verwendung des Domainnamens zu fragen ist. Es kommt darauf an, ob nach dieser Verwendungsform die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung gerade mit dem Kläger gegeben ist oder ob eine solche Gefahr, etwa wegen der Gestaltung der Internet-Adresse aufzurufenden Homepage, aus objektiver Sicht nicht vielmehr ausgeschlossen ist.
Die Beantwortung dieser Frage hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Ob das Publikum mit dem Domainnamen „niki.de“, zumal in Deutschland, ohne Weiteres Herrn Niki Lauda erwarten würde, erscheint wie dargelegt bereits zweifelhaft. Wenn dann aber wie hier nach dem Aufruf der Domainadresse hinzutritt, dass auch nach Inhalt und Aufmachung der (privat motivierten) Website nicht von einer Homepage von Niki Lauda, der N.L. Luftfahrt GmbH oder einer organisatorisch verbundenen Einrichtung ausgegangen werden kann, fehlt es an jeder Zuordnungsverwirrung, und Unterlassungsansprüche aus § 12 BGB scheiden aus.
Veröffentlicht am 28.06.2004
unter #Markenrecht
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